Unternehmen des Kultur- und Kreativsektors in ganz Europa ist diese frustrierende Erfahrung nur allzu vertraut: Mit größter Sorgfalt entwerfen sie einen soliden Geschäftsplan, aber wenn sie damit zu ihrer Bank gehen, um ein Darlehen zu beantragen, damit eine brillante Idee in ein rentables Geschäft umgesetzt werden kann, stehen in der Regel alle außer den größten der Branche vor fest verschlossenen Türen. Eine neue Studie, die die Europäische Kommission heute veröffentlicht hat, belegt, dass durch ein Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Darlehensmarkt Unternehmen der Kreativwirtschaft Kredite in Milliardenhöhe entgehen. In den nächsten sieben Jahren, so die Studie, könnte die Finanzierungslücke 13,4 Mrd. EUR erreichen.
Diese Lücke entspricht den Investitionen, die unterbleiben, weil Unternehmen mit einer soliden Geschäftsstrategie und gutem Risikoprofil ein Darlehen verweigert wird oder weil sie sich gar nicht erst darum bemühen, da sie keine ausreichenden Sicherheiten anbieten können. Das hat zur Folge, dass auf eine für die europäische Wirtschaft ausgesprochen wichtige Branche, die überdurchschnittlich wächst und bis zu 4,4 % zum BIP der Union beiträgt, signifikante Wachstumshemmnisse zukommen.
Die Studie soll Input liefern für die Konzeption der neuen EU-Strategien zur Unterstützung der Kultur- und Kreativbranche mit Initiativen wie der Bürgschaftsfazilität des neuen Programms Kreatives Europa. Mit dieser Bürgschaft, die ab 2016 zur Verfügung steht, sollen vor allem kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unterstützt werden, indem das Kreditrisiko der Banken bei Vergabe von Darlehen an diese Unternehmen gesenkt wird. Über das Programm Kreatives Europa werden über 120 Mio. EUR für die Bürgschaftsfazilität bereitgestellt, und es wird erwartet, dass so über 750 Mio. EUR an erschwinglichen Darlehen mobilisiert werden können.
Die EU-Studie beweist, wie leistungsstark Europas Kultur- und Kreativbranche ist: Insgesamt gibt es knapp eine Million Unternehmen in der Kultur-und Kreativbranche in der EU. Die meisten (rund 150 000) sind in Italien angesiedelt, vor allem in Architektur und Design. Deutschland kommt mit knapp 90 000 an dritter Stelle nach Frankreich und vor Großbritannien.
Die Gewinnspanne der Kultur- und Kreativbranche liegt über dem gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt. Alle europäischen Kreativunternehmen zusammen haben einen Umsatz von 402 Mrd. Euro und einen Gewinn von 153 Mrd. Euro im Jahr 2010 erwirtschaftet. Deutsche Unternehmen belegen mit einem Umsatz von 68 Mrd. Euro den zweiten Platz nach Großbritannien, die rund 8 Mrd. Euro mehr umsetzen. Allerdings ist die Gewinnspanne der deutschen Kreativbranche EU-weit am höchsten mit 31 Mrd. Euro im Jahr 2010, dicht gefolgt von Großbritannien mit 29 Mrd. Euro.
http://ec.europa.eu/culture/key-documents/studies_en.htm
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