Im Rahmen der fortlaufenden Bemühungen der Europäischen Kommission, ihre Verhandlungen mit den USA so offen und transparent zu gestalten wie kein anderes Handelsgespräch zuvor, leitet die Kommission heute eine öffentliche Konsultation zu dem Thema ein. Konkret geht es dabei um den Investorenschutz und die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und dem Staat in der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership – TTIP).
Mit dieser besonderen öffentlichen Konsultation will die Europäische Kommission ausdrücklich auch auf die zunehmende öffentliche Debatte und die wachsende Besorgnis über die für die TTIP vorgesehene Investor-Staat-Streitbeilegung (Investor-to-State Dispute Settlement – ISDS) reagieren.
Die Konsultation soll dazu dienen, besser auszuloten, wie die EU in den Verhandlungen über die TTIP an das Thema Investorenschutz und Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten herangehen soll. Zu diesem Zweck bietet sie allen Interessenträgern Gelegenheit, ihre Überlegungen darzulegen.
Die Kommission will sicherstellen, dass Investitionsschutz und ISDS die „Best Practice“ widerspiegeln, nicht nur in der TTIP, sondern in allen neuen EU-Investitionsabkommen. Das Ziel besteht darin, die Lage in Bezug auf den Schutz von Investoren in der TTIP und anderen künftigen Investitionsabkommen der EU wesentlich klarer zu machen als in den über 3000 Investitionsabkommen, die derzeit weltweit in Kraft sind. Die Kommission will die Investor-Staat-Streitbeilegung in der TTIP darüber hinaus transparenter gestalten und stärker auf den Grundsatz der Rechenschaftspflicht stützen als dies in der bisherigen Praxis der Fall ist, und zwar auch in den derzeitigen bilateralen Investitionsabkommen zwischen EU-Mitgliedstaaten und den USA, die durch die TTIP ersetzt würden. Dieselbe Absicht wird bei anderen künftigen Investitionsabkommen der EU mit Nicht-EU-Ländern verfolgt.
Die Europäische Kommission richtet sich bei ihren Verhandlungen über die Investitionsbestimmungen in der TTIP dabei nach den Vorgaben der EU-Mitgliedstaaten. Die Fragen des Investorenschutzes und der ISDS sind Teil der Verhandlungsrichtlinien, die der Europäischen Kommission im Juni 2013 von den EU-Mitgliedstaaten einstimmig erteilt wurden. Bei den Handelsverhandlungen zwischen der EU und den USA ist es – wie bei allen Handelsverhandlungen – die institutionelle Rolle der Europäischen Kommission, die Verhandlungen im Namen aller 28 EU-Mitgliedstaaten unter deren Aufsicht und deren demokratischer Kontrolle zu führen. Zudem gewährleistet das Europäische Parlament während des Verhandlungsprozesses eine demokratische Kontrolle, da es Zugang zu allen Unterlagen hat, die auch den Mitgliedstaaten übermittelt wurden. Am wichtigsten ist jedoch, dass am Ende des gesamten Verhandlungsprozesses das Europäische Parlament letztendlich per Abstimmung entscheidet, ob das geschlossene Abkommen angenommen werden sollte.
Die aktuelle öffentliche Diskussion ist zwar nachdrücklich zu begrüßen und auch wichtig, doch gab es eine Reihe von Missverständnissen und sogar Falschdarstellungen bezüglich der Ziele, die im Rahmen der TTIP-Verhandlungen mit der Investor-Staat-Streitbeilegung verfolgt werden. So wird zum Beispiel oft behauptet, der Investorenschutz, über den in der TTIP verhandelt wird, erlaube es Unternehmen, Regierungen zu verklagen, wenn neue Gesetze ihre Gewinne verringern. Eine Reihe aufsehenerregender noch laufender Fälle, die sich auf bestehende internationale Abkommen stützen, haben in diesem Zusammenhang die Befürchtung aufkommen lassen, dass Regierungen womöglich keine Rechtsvorschriften zum Schutz der Umwelt oder der Verbraucher mehr erlassen können, ohne dass Unternehmen gleich gerichtlich dagegen vorgehen.
In der öffentlichen Konsultation wird klargestellt, welche Punkte die EU verbessern möchte, um zu erreichen, dass mit der Investor-Staat-Streitbeilegung in der TTIP das Recht der Regierungen gewährleistet ist, im öffentlichen Interesse Vorschriften zu erlassen. Es wird erläutert, wie die Kommission sich um modernste Investitionsschutz‑ und ISDS-Bestimmungen in der TTIP bemüht, die als Modell für künftige Handelsabkommen dienen können. Die Konsultationsteilnehmer werden dabei zu einer Reihe detaillierter Fragen um Stellungnahmen gebeten.
„Ich hoffe, dass die Leute, wenn sie sich einmal genau ansehen, was wir in das Abkommen hineinschreiben wollen, feststellen werden, dass wir ein deutlich besseres System als das jetzige anstreben“, erklärte EU-Handelskommissar Karel De Gucht. „Ich möchte die interessierte Öffentlichkeit hiermit auffordern, uns Ideen und Kommentare zu der Frage zukommen zu lassen, ob bei dem von der EU vorgeschlagenen Ansatz für die TTIP das Verhältnis zwischen dem Schutz der Investoren und der Gewährleistung des uneingeschränkten Rechts und der Möglichkeit der EU-Regierungen, Regelungen im öffentlichen Interesse zu treffen, ausgewogen genug ist.“
Wie üblich wird die öffentliche Konsultation der Kommission nur über das Internet durchgeführt. Der Fragebogen befasst sich mit rund 12 wichtigen Themenbereichen, unter anderem mit dem Regulierungsrecht, der gerechten und billigen Behandlung von Investoren und der Transparenz des ISDS-Systems. Er enthält auch eine frei beantwortbare Frage, die Raum für allgemeinere Anmerkungen lässt.
Neben einer allgemeinen Erläuterung des Investitionsschutzes, der Investor-Staat-Streitbeilegung und der Art und Weise, wie die Kommission die Dinge verbessern will, werden bei jeder Frage die Fragestellung und das Problem, um das es dabei geht, erklärt. Außerdem werden die Situation im Rahmen der bestehenden Investitionsabkommen und die von der EU für die TTIP vorgeschlagenen Verbesserungen dargelegt. Den Fragen werden darüber hinaus die entsprechenden Rechtstexte beigefügt, die die EU als Verhandlungsbasis für die TTIP vorschlägt.
Die Konsultation kann ab heute in Englisch im Internet aufgerufen werden. Alle anderen EU-Sprachen werden so bald wie möglich zur Verfügung gestellt. Die öffentliche Online-Konsultation läuft 90 Tage, gerechnet ab dem Tag, an dem die letzte Übersetzung des „Konsultationstextes“ in eine der EU-Amtssprachen auf der Website eingestellt wird. Damit ist gewährleistet, dass keine Bürgerinnen und Bürger Europas aufgrund ihrer Sprache benachteiligt werden.
Weitere Informationen: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-292_de.htm
Zur Konsultation: http://trade.ec.europa.eu/consultations/index.cfm
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