Der Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments für Geldwäsche, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung (PANA) hat mehrheitlich über seinen Abschlussbericht abgestimmt. Die Untersuchungsergebnisse und die politischen Empfehlungen müssen noch im Dezember vom Plenum des Europaparlaments bestätigt werden. Die Untersuchungsergebnisse können dann nicht mehr verändert werden, die Empfehlungen jedoch schon. Kontroverse Abstimmungen sind zu erwarten. Zum Ergebnis der Abstimmung sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion und Obmann der Grünen im Untersuchungsausschuss, Sven Giegold:
“Der Ausschuss erhebt eine schwere Anklage gegen europäische Regierungen, die sich über 20 Jahre zu Komplizen von Geldwäschern und Steuervermeidern gemacht haben. EU-Mitgliedsländer haben Steuerdumping für Unternehmen und Vermögende zum Geschäftsmodell gemacht und damit anderen EU-Ländern massiv geschadet. Zum Nachteil anderer EU-Länder wurden von Banken und Kanzleien in Luxemburg, Großbritannien, Zypern und Malta massenweise Briefkastenfirmen in Panama eingerichtet. Diese Länder haben bei der Steuergerechtigkeit und dem fairen europäischen Wettbewerb schwere Schuld auf sich geladen. Auch die EU-Kommission ist ihrer Rolle als Hüterin der Verträge nicht nachgekommen. Vertragsverletzungsverfahren wegen fehlender Umsetzung der Geldwäsche-Richtlinie wurden nicht eingeleitet.
Der Ausschuss fordert eine Offensive gegen Geldwäsche und Steuerdumping in Europa. Aus den Ergebnissen der Untersuchung müssen jetzt politische Taten folgen: Die betroffenen Mitgliedstaaten müssen öffentlichen Transparenzregistern der wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen und Trusts zustimmen. Wir brauchen eine europäische Geldwäschebehörde, damit die Zusammenarbeit der nationalen Geldwäschestellen effektiver wird. Die Ratsarbeitsgruppe “Verhaltenskodex Unternehmensbesteuerung” ist seit 1998 ineffizient. Sie muss in Zukunft transparent werden, Rechenschaft gegenüber dem EU-Parlament ablegen und sich von ihren ineffektiven Entscheidungsregeln verabschieden. Es ist unhaltbar, dass die EU-Länder im Hinterzimmer darum schachern, wer auf die schwarze Liste der Steueroasen gesetzt wird.
Der Untersuchungsausschuss fordert von der EU-Kommission stärkeren Schutz für Whistleblower. Der Mord an Daphne Caruana Galizia hat auf schlimmste Weise vor Augen geführt, wie sehr Geldwäscher und Steuervermeider die Aufklärungsarbeit von Whistleblowern und Journalisten fürchten. Solchen Aufklärern müssen wir den Rücken stärken.
Am Ende bewies der Untersuchungsausschuss sogar den Mut, die Verantwortung der Regierungen von Malta, Luxemburg, Zypern und Großbritannien bei Geldwäsche und Steuerdumping klar zu benennen. Die Christdemokraten wollten die Selbstkontrolle von Anwälten, Steuerberatern und Notaren erhalten, konnten sich jedoch nicht durchsetzen. Auch für die freien Berufe muss es eine effektive öffentliche Aufsicht gegen Wirtschaftskriminalität geben wie für die Banken.
Ein wichtiges Fazit des Untersuchungsausschusses ist, dass die Aufklärungsarbeit an dieser Stelle keinesfalls beendet ist. Die Arbeit des Ausschusses wurde massiv behindert. Zahlreiche verantwortliche Firmen und Politiker verweigerten sich einer Anhörung im Parlament. Der Rat und die Mitgliedsländer hielten entscheidende Dokumente unter Verschluss. Die Erkenntnisse aus den wichtigsten Dokumenten mussten wir der Öffentlichkeit vorenthalten. Angesichts der Behinderung unserer Arbeit wäre ein permanenter ‘Untersuchungsausschuss’ des Europaparlaments angemessen.”
Weitere Informationen:
http://www.sven-giegold.de/2017/abschlussbericht-des-panama-papers-untersuchungsausschusses-schwere-anklage-gegen-europaeische-regierungen/
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