Sonntag, 23. September 2018

Sven Giegold - Europäische Neuigkeiten zu Glyphosat, Neonics und Co.

Sven Giegold ist Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament

Mehr als eine Million Unterschriften in ganz Europa und volle Straßen bei den vielen Demonstrationen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft ohne Glyphosat, Neonics und Co. zeigen Wirkung. Die letzten Wochen waren voll von guten Neuigkeiten und Initiativen, von denen ich einige hier vorstellen möchte. Da bewegt sich was in Europa!
Erfolg für die Bienen – Neonics jetzt auch in Deutschland verboten
Seit diesem Dienstag gilt das im April beschlossene EU-weite Verbot von drei Neonikotinoiden (kurz: Neonics) im Freiland auch in Deutschland. Das sind gute Neuigkeiten besonders für die Bienen. Studien hatten gezeigt, dass besonders sie unter dem Einsatz dieser Ackergifte leiden. Aber weiterhin sind schädliche Wirkstoffe wie Sulfoxaflor als Ersatz für die jetzt verbotenen Neonics zugelassen.
Reform des Zulassungsverfahrens ist dringend notwendig
Das macht klar: Es braucht eine grundlegende Reform des Zulassungsverfahrens in der EU. Dazu konnten wir die Einsetzung eines Sonderausschusses zur Pestizidzulassung (kurz: PEST) erreichen, der im Frühjahr diesen Jahres seine Arbeit aufgenommen hat. Er soll die Unregelmäßigkeiten, die nicht erst bei der Wiederzulassung von Glyphosat deutlich wurden, untersuchen, Interessenkonflikte aufdecken und Empfehlungen machen. Ein erster Entwurf des Abschlussberichtes wird für die Sitzung am 27.9. erwartet. Co-Autor ist mein Grüner Kollege Bart Staes aus Belgien. Im Rahmen des PEST-Ausschusses hat unsere Fraktion vor zwei Wochen auch die Konferenz “Alles, was Sie schon immer über die Auswirkungen von Pestiziden auf Umwelt und Gesundheit wissen wollten“ in Brüssel veranstaltet. Neben Wissenschaftler*innen und Vertreter*innen der Zivilgesellschaft war die Eröffnungsrede der Rechtsanwälte, die gerade Monsanto in den USA verklagen und bereits große Erfolge erzielt haben, ein absolutes Highlight. Die gesamte Veranstaltung kann hier angeschaut werden: https://www.greens-efa.eu/en/article/event/greens-complementary-pest-hearing/
Verheerender Bericht über das geltende EU-Zulassungsverfahren
Ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Kritik der Pestizidzulassung ist der am vergangenen Donnerstag, den 13.9., mit breiter Mehrheit des Europaparlaments verabschiedete Bericht über die Durchführung der geltenden Zulassungsverordnung der Kommission (http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type=TA&reference=P8-TA-2018-0356&language=DE&ring=A8-2018-0268). Darin hat das Parlament dem aktuellen Zulassungsverfahren für Pestizide ein verheerendes Zeugnis ausgestellt. Der Bericht kritisiert scharf, dass die Auswirkungen von Pestiziden u.a. auf die ökologische Vielfalt, die Wasserqualität und Rückständen in Lebensmitteln nicht ausreichend einbezogen werden und mahnt eine stärkere Beachtung des Vorsorgeprinzips an.
#SecretScienceIsNotScience – Grüne streiten vor Europäischem Gerichtshof für mehr Transparenz
Genau wegen der mangelnden Transparenz des Zulassungsverfahrens klagen vier Grünen/EFA-Abgeordnete vor dem EuGH auch mit meiner finanziellen Unterstützung gegen die Europäische Zulassungsbehörde (EFSA). Sie wollen erreichen, dass die Studien über die gesundheitlichen Auswirkungen von Glyphosat öffentlich gemacht werden. Denn eines ist klar: Die Entscheidung, ob ein Pestizid gefährlich ist oder nicht, muss auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse getroffen werden. Diese Studien müssen öffentlich und von anderen, an der Studie unbeteiligten Wissenschaftler*innen überprüft (engl. peer-reviewed) sein. Die Pestizid-Hersteller Monsanto (jetzt: Bayer-Monsanto) und Cheminova versuchen das zu verhindern. Sie haben es aber nicht für nötig erachtet zu der ersten Anhörung am vergangenen Donnerstag zu erscheinen. Wir werden weiter für ein transparentes Verfahren kämpfen!
Ein Video mit einigen der Beteiligten nach der Anhörung ist hier zu sehen: https://www.facebook.com/greensefa/videos/280999929390994/

Es bewegt sich so einiges in Sachen Pestiziden in der EU. Das Europaparlament macht sich gerade auch auf Druck unserer Fraktion stark für mehr Transparenz und das Vorsorgeprinzip. Wenn in den nächsten Monaten alle konkreten Vorschläge des Parlaments vorliegen, liegt es an der Kommission und den Mitgliedsländern im Europäischen Rat diese aufzugreifen und gemeinsam mit dem Europaparlament das Zulassungsverfahren zu reformieren und Gesundheits- und Umweltschutz vor Konzerninteressen zu stellen. Die Verzögerungstaktik von Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner beim Thema Glyphosat deutet schon an: Hier ist noch viel Druck nötig.

Weitere Informationen:
https://sven-giegold.de/europaeische-neuigkeiten-zu-glyphosat-neonics-und-co/

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